25.02.21 - Bezirk Horgen
Zwei Stürme und ein Virus wirbelten alles durcheinander
Publiziert durch:
Christian Dietz-Saluz
Publiziert: 25.02.2021, 15:52
www.zsz.ch
Bild: Fw Kilchberg-Rüschlikon
Eigentlich hätte 2020 für die Feuerwehren in der Region Zürichsee ein ganz normales Jahr werden können. Die Anzahl Brände lag mit 180 Fällen fast gleich hoch wie im Vorjahr, auch die dabei an den Gebäuden entstandenen Schäden liegen mit 3,85 Millionen Franken nicht weit von 2019 (4,1 Millionen) entfernt. Die teuersten Feuersbrünste waren die Brandstiftung in der Kirche Oetwil (700’000 Franken), ein Brand in einer Adliswiler Tiefgarage (450’000 Franken), Feuer in einem Zolliker Wohnhaus (280’000 Franken), ein Brand in einem Stäfner Wohnhaus (215’000 Franken) und eine Verpuffungsexplosion in einem Autospritzwerk in Samstagern (210’000 Franken).
Aber dann brausten im Februar mehrere Stürme durchs Land. Vor allem die Orkantiefs «Petra» und «Sabine» hinterliessen immensen Schaden. Die Statthalter der Bezirke Horgen und Meilen, Armin Steinmann und Patrizia Merotto, melden in ihrer Jahresbilanz 2177 Einsätze wegen Naturgewalten, von denen ein Grossteil auf diese beiden Stürme zurückgeht. Die Gebäudeversicherung des Kantons Zürich (GVZ) zahlt für diese Schäden in der Region 4,2 Millionen Franken. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor rückten die Feuerwehren wegen Wind, Hagel und Hochwasser nur 221-mal aus bei insgesamt 0,7 Millionen Franken Schaden.
Keine Übungen – mehr Fahrzeuge
Die grösste Herausforderung brachte jedoch eine unsichtbare Naturgewalt: Covid-19. Dies zeigt eine Umfrage bei den Kommandanten in den beiden Seebezirken. Überall wurden die Übungen mit dem ersten Lockdown im Frühling und meist auch mit der zweiten Welle im Herbst eingestellt. Adliswil habe den Übungsbetrieb später in verkleinerten Formationen wieder aufgenommen, berichtet Michael Martin. Die Stützpunktfeuerwehr Horgen achtet gemäss Marco Ritz darauf, «dass nie das komplette Kader oder gleichartige Spezialisten zusammentreffen». Ausserdem besetzen die Horgner ihre Fahrzeuge mit weniger Personen, weshalb «deutlich mehr Fahrzeuge an die Einsätze ausrücken», erklärt Ritz. In Oetwil müssten alle beim Einrücken, während des Einsatzes und bis zum Verlassen des Depots Masken tragen, berichtet Adrian Kuratli.
Wird geübt, dann nur mit aufwendigem Schutzkonzept. In Richterswil soll das verhindern, «dass im Falle eines Covid-Verdachtes ein ganzer Zug in Quarantäne muss», sagt Karl Rusterholz. Für den Erlenbacher Marcel Wirz ist der Aufwand jeweils am grössten, wenn seine Leute zur Unterstützung eines Rettungsdienstes aufgeboten werden. «Dann müssen wir jeweils bei Covid-Verdacht mit der ganzen Schutzausrüstung arbeiten.» Stäfa übt laut Hanno Huber konsequent in Kleingruppen oder teilweise in Selbstausbildung, wie etwa im Motorwagendienst. Nach den Einsätzen werde gestaffelt zum Rückzug angetreten. Daniel Brandenberger stellte in Hombrechtikon ob der fehlenden sozialen Kontakte fest: «Die Kameradschaft untereinander musste leiden, und das merkte man an der Motivation.»
Kreativität und ein Vorteil
Die erzwungenen Übungsausfälle wurden aber kreativ ausgeglichen. Kilchberg-Rüschlikon schuf mit einer App ein Übungstool namens «Actionbound». Damit können Aufgaben gestellt werden, die in Form einer Schnitzeljagd gelöst werden. So trainiere die Feuerwehr zum Beispiel ihre Ortskenntnis oder schule taktisches Vorgehen, berichtet Benjamin Burri. In Oetwil ist die Führung daran, Videosequenzen zu erstellen, «damit die Feuerwehrangehörigen sich wieder einzelne Punkte durch Hören und Sehen einprägen können», sagt Adrian Kuratli.
Die Stützpunkt-Feuerwehr Meilen fand ein Mittel gegen den mangels Übungen unterbrochenen Kommunikationsweg zwischen Kommando und Mannschaft: «Wir überbrückten das mit einem regelmässigen internen Covid-Newsletter für die Mannschaft, um die aktuellsten Informationen zeitnah weiterzugeben», sagt Kommandant Martin Siegrist.
In Küsnacht finden die Offiziers- und Mannschaftsrapporte mit der Mannschaft online statt. Dort stellt Thomas Bürgin auch etwas Gutes in der Krise fest: Durch das Homeoffice sind tagsüber mehr Feuerwehrleute alarmierbereit als sonst.